Dass wir uns für Benin entschieden haben, ist Zufall. Diesen Satz hören wir uns mitunter sagen. Doch es war kein Zufall. Die Wahl steht und fällt mit Justine Tchilalou Payarou, unsere erste Schülerin, die Marie und ich in unserem Münchner Atelier zur Schneiderin ausgebildet haben.

VON JUSTINE HABEN WIR GELERNT: KLEIDUNG
KANN SO VIEL MEHR SEIN ALS EIN STÜCK STOFF. 

Als wir Justine nach ihrer Lehre in ihre Heimat begleitet haben, spürten wir sofort, dass Benin ein besonderes Land ist. Die Menschen strecken ihre Fühler aus und sind zugleich mit ihrer Heimat fest verwurzelt. Tradition und Moderne schließen sich aus ihrer Sicht nicht aus. Im Gegenteil. Die Beninerinnen und Beniner sind sich vielmehr bewusst, dass sie nur von einer stabilen Wertebasis aus in eine neue Zukunft starten können: Wer sind wir, was zeichnet uns aus, was unterscheidet uns, was wollen, was müssen wir bewahren, um uns nicht selbst zu verlieren? Insofern verwundert es nicht, dass Benin inzwischen als Wiege des Voodoo gilt und sich junge Menschen mehr und mehr dazu bekennen.

Ausbilderinnen, Schülerinnen und Bewohnerinnen von Bersingou.

Auf der Weltkarte spielte Benin lange Zeit keine große Rolle. Nur wenige Investoren interessierten sich für das eher rohstoffarme und exportschwache Land. Aus meiner Sicht ein Vorteil: Das Land konnte sich aus sich selbst heraus entwickeln, im eigenen Tempo, in aller Ruhe. Niemand zerrte, niemand wies allwissend den Weg.

Der Flug von München nach Cotonou dauert via Paris etwa neun Stunden. Danach geht es mit dem Bus nochmal acht Stunden Richtung Norden.

Zugegeben, die Reise nach Bersingou im Norden des Landes ist etwas strapaziös. Und doch sind wir jedes Mal voller Vorfreude, wenn wir in Cotonou landen. Bevor wir in den Bus steigen, kaufen wir beim Straßenhändler noch schnell Ananas und Papayas, die es im Norden je nach Jahreszeit nicht so üppig gibt – dafür Mangos und Frischkäse aus Kuhmilch. Mit jedem Kilometer nimmt das geschäftige Treiben und Gewusel ab. Kirchen verschwinden, Moscheen tauchen auf. Und man kommt mit den Mitreisenden mehr und mehr ins Gespräch. Sicherlich: Die Natur, die Tiere – imposant, keine Frage. Und doch sind es für uns die Menschen, die uns jedes Mal aufs Neue begeistern und uns an unserer Vision festhalten lassen.